Was geht bloß in den Köpfen der Menschen vor?
Da ich ja nach wie vor auf Jobsuche bin, halte ich mich
durch einen Nebenjob über Wasser. Ich bin die, die den Leuten „ein Ohr abkaut“,
den wohlverdienten Feierabend oder die Mittagspause stört, nervige Fragen
stellt und den meisten einfach nur lästig ist – jawohl, ich arbeite als
Telefonistin. Nein, das hat nichts mit Telefonsex zu tun. Obwohl ich mir bei
manchen Herren am anderen Ende der Leitung manchmal nicht sicher bin, ob wir
beide da gleicher Meinung sind… Ich telefoniere für ein seriöses Markt- und
Meinungsforschungsinstitut mit Schwerpunkt auf politische und gesellschaftliche
Themen, die allerdings gelegentlich (stark) von der eigentlichen Richtung
abweichen. Eigentlich kein schlechter Job, wenn man davon ausgeht, dass Frauen
das viele Sprechen und Telefonieren ja quasi angeboren sein soll.
Das wirklich verrückte und oft auch anstrengende an diesem
Nebenjob ist aber nicht die Fragerei. Auch wenn die Formulierung mancher Fragen
nicht gerade den Anschein erweckt aus der Feder eines Grammatik-Genies zu
stammen oder man sich auf der Suche nach dem Sinn hinter machen Fragen den Kopf
zermürbt oder ihn einfach resigniert schüttelt (Warum sollen mir Fremde
irgendwelche Slogans von Tütengemüseherstellern vorsingen?).
Nein, noch strapaziöser sind die Menschen, mit denen ich
telefoniere. Von freundlichen Flirteinlagen über billige Anmachsprüche bis hin zu
konkreten Rendevouz-Anfragen oder Heiratsanträgen bzw. Heiratsvermittlungsversuchen
habe ich schon so Einiges erlebt. Ein freundlicher Herr wollte mich mit seinem
Sohn verkuppeln, ein Mann von Mitte 70 wollte sich mit mir in seiner
Stammkneipe treffen und ein ebenfalls älterer Herr wollte ein Foto von mir
haben, dass er sich über sein Ehebett (!) hängen wollte! Andere erkundigen sich
auch einfach forsch nach meinem Alter, Aussehen und Beziehungsstatus.
Manche Menschen erzählen mir ihre halbe Lebensgeschichte
anstatt Fragen zu beantworten oder schleudern mir unvermittelt brisante bis
tragische Details aus ihrem Leben an den Kopf. Dabei muss ich schon
gelegentlich ein Lachen unterdrücken oder Tränen zurückhalten. Beispielsweise
bei der Aussage „Ich habe keine Zeit zum telefonieren, ich bin Rentner.“
(Aha…ja nee, schon klar). Oder wenn männliche Kontakte am Telefon plötzlich
anfangen eindeutig zweideutig zu Stöhnen anstatt meine Fragen zu beantworten
(Was für eine Unverschämtheit)!
Doch aufgepasst – nicht nur meine Interviewpartner treiben
mich ab und an in den Wahnsinn. Auch manche Kollegen lassen aus Schmeicheleien
schnell Schleimspuren werden, auf denen ich beinahe ausrutsche! Drum lasst euch
gesagt sein, liebreizende Herren der Schöpfung, es besteht ein frappierender
Unterschied zwischen Komplimenten und Schleimereien. Von netten Komplimenten
gerötete Wangen haben alle Mädels gern. Wenn das Komplimentgeschleuder dann
aber wie aus einem Maschinengewähr weitergeht, löst das für gewöhnlich eher
Beklemmung oder gar Ekel anstatt Freude aus. Darum gilt: weniger ist mehr.
Wobei weniger nicht gleich selten heißt. Denn gekonnte Schmeicheleien hören
Mädels auch gern öfter.
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